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Auszug aus einem Nachruf:


…ja, und dann stirbt jemand aus der Familie und alle Geschichten sind am Rand, werden in den Schrank gestellt. Obwohl wir seit Jahrzehnten damit rechnen mussten, dass uns die Nachricht von Andreas Tod ereilt. Denn Andreas war ein Junkie. Und zwar einer der ältesten noch lebenden Junkies Peines.


Seine letzten Wochen müssen die Hölle gewesen sein. 30 Jahre Straßenstoff, Methadon, Alk u.a. Zusatzstoffe lösten Gehirnblutungen aus. In der Klinik versuchte man ein letztes Mal ihn runterzuholen, steckte ihn danach ins offene betreute Wohnen, dessen Regeln er nicht folgen konnte, so dass er rausflog und sich herumtrieb. Dabei war er nicht immer freundlich, doch meistens dermaßen in seiner eigenen Welt unterwegs, dass er nur mit seiner Erscheinung weh tat, nicht mit Worten oder Angriffen. Nun sollte er wieder einmal in den Knast. Hauptsächlich wegen Schwarzfahren. Das hatte er als Plan gegen seine Obdachlosigkeit in petto.
Was für ein Leben. Nicht?


Ich schließe die Augen und sitze als kleines Mädchen in seinem Zimmer. Er ist groß, ein Jugendlicher; der trägt viel Jeans, mein Cousin. An seinen Wänden hängen Poster von seltsam geschminkten Männern, die die Zunge heraus strecken. Heute weiß ich, es war "Kiss". Unten trinkt die Verwandtschaft Kaffee, ich höre bei ihm die Rolling Stones zum ersten Mal. Andreas schweigt, aber lächelt. Er hat schwarzes dichtes Haar und eine Gitarre. Er sagt mir, er verehre Keith Richards und zeigt auf ein anderes Poster. Ich sage: "Aha", und dass ich auf Dschingis Khan stehen würde. Er lacht.


Dann erinnere ich mich, wie er uns die Gitarre nach Hause brachte. Und dass meine großherzigen Eltern miteinander sprachen, ob man ihm helfen könne und wie. Da war er wohl schon drauf. Und er kam für Jahre nicht mehr, wir verloren uns komplett aus den Augen. Ein wenig erfuhr man durch seine Mutter, meine Tante. Meine Tante ist so weich und warm wie ein Lämmchen, man möchte sie gar nicht mehr loslassen. Es war die absolute Hölle, an die sie sich gewöhnen musste, um mit seinem Zustand leben zu können und sie schaffte es, denn sie hatte zudem zwei Töchter.


Als eine davon starb, traf ich auf Andreas. Ich war erwachsen und durch die Beerdigung kamen wir uns nah. Über ein paar wenige Wochen hinweg besuchte er mich mehrmals. Je nachdem wie wach und zuverlässig er sein konnte bei Verabredungen. Unsere Hauptthemen war die Musik, das Leben auf harten Drogen und seine Beschreibungen, wie ungern er Menschen in seine Wohnung lassen würde, weil sein Sofa durchlöchert sei - denn er schlief regelmäßig mit Kippe ein. Seine Wünsche waren klein: Sein Kind sehen zu dürfen, neue Zähne zu bekommen.
Er pumpte mich kein einziges Mal um Geld an. Kein einziges Mal. Und wenn wir uns in der Stadt begegneten oder im Kaufhaus und er nicht so sehr drauf war, dass er mich nicht wahrnahm, lagen wir uns im Arm und klönten u.a. über die Familie.


Tanja Löhr / Peine. 2014


 

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